Terminkalender

Gottesdienst
Sonntag, 31. Januar 2021, 10:00 Uhr - 11:00 Uhr

Online-Gottesdienst mit Pfarrer Christoph Fritz aus unserer Michaelskirche. Er predigt über Isaak und Ismael.
https://youtu.be/2zQdyr7dJMA

Hier können Sie dazu den Predigttext lesen:

Isaak und Ismael - Geschwistergeschichten in der Bibel

Liebe Gemeinde,

die Geschwister Ismael und Isaak sind Teil der Patchworkfamilie Absaha. Dieser von mir erfundene Nachname setzt sich aus den jeweils ersten beiden Buchstaben der Personen zusammen, die das Familienleben prägen: Abraham, Sara und Hagar. Somit macht der Familienname bereits deutlich, dass die prägenden Personen einer Familie nicht die Kinder, sondern die Eltern sind. Bevor wir uns daher den Geschwistern Ismael und Isaak zuwenden, müssen wir zuerst einmal einen Blick auf die Eltern werfen.

Los geht es mit Abraham. Er ist unangefochtener Vorstand, Patriarch der Patchworkfamilie Absaha. Er ist ein glaubensstarker Mann, der in seinem Leben alles auf eine Karte setzt, auf Gott. Im Neuen Testament wird Abraham daher sogar „Vater des Glaubens“ genannt. Doch trotz seinem bewundernswerten Gottvertrauen ist Abraham weit davon entfernt, vollkommen zu sein. Wer weiß das besser als seine Kinder?! Denn Abraham zeichnet sich nicht nur als ziemlich passiver Vater aus, sondern sein starker Glaube führt auch zu traumatischen Erlebnissen bei den Söhnen: Ismael wird von ihm in die Wüste geschickt und Isaak sieht den Papa eines Tages mit Messer in der Hand über sich stehen. Wenn das mal nichts macht mit Heranwachsenden!

Treu an der Seite Abrahams steht seine Ehefrau Sara. Beide sind voller Gottvertrauen und meistern miteinander zahlreiche Herausforderungen. Das Problem ist nur: obwohl Gott so viele Nachkommen wie Sterne am Himmel versprochen hat, wird Sara einfach nicht schwanger. Schließlich hat Sara daher die Idee, dem Versprechen Gottes etwas nachzuhelfen. Wenn die Herrin keine Kinder gebären kann, muss eben die Sklavin ihrem Herrn Kinder schenken. Und so wird über die Form der antiken Leihmutterschaft Saras Adoptivsohn Ismael geboren. Erst als Gott selbst viele Jahre später sein Versprechen wahrmacht und Sara selbst einen Sohn bekommt, da wird aus dem ersten Wunschkind ein Problemkind. Die Liebe Saras geht vom Adoptivsohn Ismael auf den leiblichen Sohn Isaak über.

Die dritte prägende Person im Hause Absaha ist Hagar, die ägyptische Magd von Sara und zugleich die Leihmutter Ismaels. Wie gesagt: Sara war es gewesen, die die Idee zur Leihmutterschaft hatte und ihren Ehemann Abraham ermutigte, mit ihrer Magd zu schlafen. Hagar selbst war also lediglich Objekt bei der Zeugung. Doch als sie nun schwanger wird, ist sie unglaublich stolz darauf. Plötzlich ist sie nicht mehr die unbedeutende Magd. Nein, sie bekommt ein Kind vom Hausherrn, ein Kind, auf das alle warten. 1. Mose 16, Vers 4: „Als Hagar nun sah, dass sie schwanger war, achtete sie ihre Herrin gering.“ Sara empfindet das als tiefe Demütigung und so gibt es heftigen Zoff im Hause Absaha. Schließlich muss Hagar sogar fliehen. Erst nach einer wohltuenden Begegnung mit einem Engel Gottes kehrt die schwangere Hagar zurück zu ihrer Herrin.

Sie haben es gemerkt: es ist eine wirklich komplizierte und verzwickte Familienkonstellation, in welche die Brüder Ismael und Isaak hineingeboren werden. Schon im Mutterleib wird Ismael geprägt von den Spannungen im Elternhaus, von der Freude aber auch Verzweiflung der leiblichen Mama. Als Heranwachsender ist er dann der Augapfel seines Vaters, der Alleinerbe, der verwöhnte und geliebte Sohn. Mit 13 Jahren wird er gemeinsam mit seinem Papa beschnitten. Doch etwa ein Jahr nach der Beschneidung ändert sich alles. Der kleine Halbbruder Isaak wird geboren. Ismael wird vom Stammhalter zum fünften Rad am Wagen. Plötzlich ist Ismael nicht mir der gewünschte Adoptivsohn, sondern er ist in den Augen Saras lediglich noch „der Sohn Hagars, der Ägypterin“. Wie tragisch, wenn ein Elternteil einem Kind seine Liebe entzieht. Als Isaak dann zwei oder drei Jahre alt ist, wird ein großes Fest gefeiert. Ausgelassen spielt Ismael an diesem Tag mit seinem kleinen Bruder. Je nach Bibelübersetzung heißt es an dieser Stelle: spielen, lachen, lustig machen, Mutwillen treiben. Was man halt so macht unter Brüdern. Sara regt dieses Herumalbern der Brüder aber tierisch auf. Deshalb sagt sie zu Abraham: „Jag diese Sklavin und ihren Sohn fort! Ich will nicht, dass mein Sohn Isaak sich mit ihm unser Erbe teilen muss!“ Sara wendet sich nun innerlich ganz ab von Ismael. Vergessen ist die Tatsache, dass Ismael auf ihr Betreiben hin gezeugt wurde.

Die Bibelkenner unter uns sagen nun natürlich: Es ist schon richtig, dass allein Isaak der Erbe ist. Nur er ist der Sohn der Verheißung. Ismael ist ja nur geboren worden, weil Abraham und Sara das Vertrauen aufgegeben hatten und der Verheißung Gottes selbst nachhelfen wollten. So richtig das auch ist: die Geschichte war nun mal so gekommen, wie sie uns erzählt wird. So wie auch einige von uns in Familienkonstellationen und Beziehungen leben, die schwierig sind und die man sich so ursprünglich definitiv nicht gewünscht oder ausgesucht hat. Aber kann es dann die Lösung sein, von Neid, Eifersucht und Hass erfüllt, einzelne Familienmitglieder abzuschreiben? Sie in die Wüste zu jagen? Sie sich selbst zu überlassen?

Wir ahnen die Antwort auf diese Fragen schon…

Doch schauen wir uns nun einmal an, was passiert, als Hagar und Ismael tatsächlich in die Wüste gejagt werden. Der mitgegebene Vorrat an Wasser und Brot ist schnell verbraucht. Hilflos irren die beiden umher. Kaum zu fassen ist das: der wohlhabende Vater lebt mit Ehefrau und gemeinsamem Sohn ein unbeschwertes Leben, während die Mutter des ersten Kindes als alleinerziehende Mutter weinend in der Wüste sitzt und ihren Sohn leiden sieht. Was für eine traurige Geschwistergeschichte uns die Bibel da doch vor Augen malt! Zwei Brüder werden voneinander getrennt, weil die Eltern es nicht schaffen, friedlich beieinander zu bleiben. Dem kleinen Isaak wird der Halbbruder genommen, zu dem er bis dahin aufschaute, mit dem er spielte und lachte. Und der große Bruder Ismael muss seine gewohnte Umgebung verlassen und liegt nun halb verdurstet und dem Tode nahe in der Wüste unter einem Strauch. Die Vertreibung durch den Vater verstört Ismael durch und durch.

Neben dieser Szene tauchen nun vor unserem inneren Auge viele weitere Szenen auf: Von Familien heute, die zerbrochen sind. Von Kindern, die verzweifelt in ihrem Zimmer auf dem Boden liegen und unter der Schuld und dem Versagen ihrer Eltern zu leiden haben. Von Geschwistern, die auseinandergerissen werden. Es ist zum Weinen!

Doch es gibt Hoffnung – auch wenn es aus menschlicher Sicht hoffnungslos ist. Bisher ist es in der Patchworkfamilie Absaha menschlich, allzu menschlich zugegangen. Jetzt kommt Gott ins Spiel. Die Bibel malt ihn uns vor Augen: den mitfühlenden Gott, der ein Herz für zerbrochene Familien und leidende Kinder hat. „Aber Gott hörte das Schreien des Jungen und der Engel Gottes rief Hagar vom Himmel aus zu: Hagar, was ist mit dir? Hab keine Angst! Gott hat das Weinen deines Sohnes gehört, der dort liegt. Steh auf, nimm den Jungen und halte ihn fest an der Hand, denn ich werde seine Nachkommen zu einem großen Volk machen“ (1. Mose 21,17ff). Es wird wahr, was der Name Ismael übersetzt heißt: „Gott möge hören“. Gott hört das Schreien eines Kindes, das von Anfang an nur als Platzhalter für einen anderen herhalten sollte. Gott hört den Jungen schreien! Nicht die Mutter, die in der Nähe sitzt und weint. Nicht den Vater, der vielleicht zu Hause sitzt und sich fragt, ob er das Richtige getan hat? Nein, Gott hört das Kind, das unter diesem Strauch in der Wüste liegt und schreit. Weil es Hunger hat. Und Durst. Und Angst vor dem Sterben. Und nicht versteht, was mit ihm geschieht. Gott hört den Jungen schreien! Und ich bin überzeugt, dass unser Gott bis heute die Schreie verzweifelter Kinder hört. Die leidenden Kinder dieser Welt haben im Herzen Gottes einen besonderen Platz!

Unsere Geschwistergeschichte macht deutlich: Gott hat nicht nur ein Herz für den verheißenen Sohn Isaak, sondern er schaut auch voll Liebe nach dem Sohn, der aus einer anderen Beziehung entstanden ist. Gott hat auch einen Segen für Ismael. Auch wenn Eltern versagen und streiten, wenn Wunschkinder fallengelassen werden und Geschwister ungleich behandelt werden: Gott ist da. Er geht jedem Kind nach. Segnet und führt auf ganz eigenen Wegen.

Amen


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